Das Mini-Washington in Deutschland:Ramstein
Als „Little America“ ist Ramstein, der größte US-Luftwaffenstützpunkt außerhalb der Vereinigten Staaten, seit Jahrzehnten ein Begriff

Von Wolfgang Will
Doch in jüngster Zeit hat sich die linksrheinische Basis bei Kaiserslautern in der Pfalz zu einer Art „Mini-Washington“ gemausert. Denn immer häufiger laden die amerikanischen Diplomaten und Regierungsvertreter ihre NATO- und EU-Kollegen zu gemeinsamen Besprechungen statt nach Washington – nach Ramstein ein. Das war dieser Tage bei den Erörterungen westlicher Staaten über weitere militärische und finanzielle Hilfen für die von Russland angegriffene Ukraine der Fall – offiziell „Ramstein Group“ genannt, die Gruppe der Ramsteiner.
„Ja“, bestätigte ein hoher Beamter des State Department (Auswärtiges Amt der USA), „wir versuchen, Ramstein verstärkt zu nutzen. Dann müssen nicht viele Verbündete in die USA fliegen, sondern wir kommen ihnen in Deutschland entgegen“. Genügend Räumlichkeiten plus american flair bietet Ramstein allemal.Kürzlich erst wurde ein neues Komforthotel eröffnet.
In erster Linie aber ist Ramstein eine gigantische Militärbasis, nicht nur der Amerikaner, sondern auch der NATO. Auf den etwa 15 Quadratkilometern gilt die amerikanische Militärgerichtsbarkeit, aber die deutsche Straßenverkehrsordnung. Deshalb gibt es ein deutsches Polizeirevier, das Tag und Nacht mit zwei Beamten besetzt ist.
In diesem Klein-Amerika sind etwa 10 000 US-Soldaten und rund 2 300 Zivilangestellte der US-Streitkräfte stationiert – dazu Tausende ihrer Familienangehörigen. Alles, aber auch alles ähnelt absolut einer amerikanischen Mittelstadt – die Bauweise der Kasernen, Wohnungen und Einfamilienhäuser, die Supermärkte und Kinos, die Schulen, die Straßenschilder. die kulturellen Angebote.
Dass die Amerikaner gewillt sind, hier auf Dauer zu bleiben, beweist diese Tatsache: Für mehr als eine Milliarde Euro hat der Bau eines neuen Militärhospitals begonnen – mit 5 000 Zimmern, 30 Fachabteilungen, neun Operationssälen.
Von alldem profitieren die umliegenden Gemeinden, ja – die ganze Pfalz. Fast die Hälfte ihrer Einkommen schließlich geben die Amerikaner außerhalb ihrer Basis aus. Überall sind sie willkommen. „Ami go home“ hätte hier nicht die geringste Chance.
Der Flugbetrieb hier begann in den letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges, als die Überreste der Hitler-Luftwaffe Teile der nicht fertiggestellten Autobahn Saarbrücken-Mannheim nutzten. Die einmarschierten Amerikaner machten daraus einen Feldflugplatz. Der wuchs und wuchs. Auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges waren hier US-Jagdbomber stationiert, hier lagerten auch über 100 Atombomben und geheime Waffensysteme.
Heute sind keine Kampfverbände in Ramstein stationiert, die Basis ist vielmehr – mit ihren zwei langen Startbahnen - das logistische Drehkreuz der US-Luftwaffe. Die schwersten und größten Transportmaschinen der Welt sind hier quasi zu Hause, mit täglich vielen Dutzend Flügen. Auch Air Force One landet hier zwischen, wenn etwa ein US-Präsident in den Fernen Osten reist.
Wolfgang Will arbeite jahrelang als Auslandskorrospodent für den Axel-Springer-Verlag und als Chefredakteur u.a. in New York
Autor: Wolfgang Will
Bild Quelle: Von U.S. Army Corps of Engineers Europe District from Wiesbaden, Germany - Europe District supported, managed construction projects around U.S. air base, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=72279241
Dienstag, 24 Januar 2023