Klimaaktivistin Carla Hinrichs: Eine juristische Auseinandersetzung um Straßenblockaden und Protest
Am Donnerstag stand Carla Hinrichs, Sprecherin der Klimaschutzgruppe "Letzte Generation", vor Gericht. Der Grund war eine "Klima-Klebe-Aktion" im vergangenen Jahr, gegen die sie Einspruch eingelegt hatte. Ihre Entscheidung, den Fall selbst zu verteidigen, sorgte für Aufsehen.

Carla Hinrichs, 26 Jahre alt und bekannt für ihre Rolle in den Klimaprotesten, hatte im Jahr 2022 Einspruch gegen einen Strafbefehl eingelegt. Sie hatte sich im April des Jahres zusammen mit anderen Klimaaktivisten auf einer stark befahrenen Straße im Frankfurter Bankenviertel festgeklebt, was während des Berufsverkehrs zu erheblichen Verkehrsbehinderungen führte. Vor der Aktion hatte Hinrichs ein Statement auf Twitter veröffentlicht, in dem sie ihre Handlungen verteidigte. Dennoch erhielt sie eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 30 Euro, insgesamt also 1.800 Euro, wegen Nötigung. Hinrichs, eine ehemalige Jurastudentin, legte gegen diesen Beschluss Einspruch ein.
Am Mittwoch verteidigte Hinrichs, die vier Jahre Jura studierte, bevor sie sich entschied, ihr vom Steuerzahler finanziertes Studium ruhen zu lassen und sich dem Klimaschutz zu widmen, ihre Handlungen vor Gericht. Laut einem Bericht der Bild-Zeitung machte Hinrichs einen "geordneten und professionellen Eindruck" und wirkte "gut auf die Verhandlung vorbereitet". Sie argumentierte, dass ihre Handlungen vom 12. April gerechtfertigt waren und forderte einen Freispruch.
Richter Dr. Michael Demel hörte den Ausführungen von Hinrichs aufmerksam zu, stellte Rückfragen und outete sich sogar als Bahn- und E-Auto-Fahrer. Doch in seiner juristischen Bewertung der Straßenblockade verurteilte er Hinrichs zu zwei Monaten Haft auf Bewährung und 60 Arbeitsstunden. Die Bewährungsfrist beträgt drei Jahre, was bedeutet, dass Hinrichs ins Gefängnis gehen muss, wenn sie in diesem Zeitraum erneut straffällig wird.
In seiner Urteilsbegründung erklärte Demel: "Mit einer Geldstrafe kann ich Sie nicht beeindrucken, damit kann ich nicht auf Sie einwirken". Er deutete an, dass Geldstrafen oft durch Spenden beglichen werden und somit Hinrichs nicht persönlich treffen würden.
Demel betonte, dass es sich nicht um ein Werturteil, sondern um ein juristisches Urteil handle: "Die Motive sind komplett egal, überhaupt nicht relevant. Weil wir als Staat überhaupt nicht entscheiden dürfen, was moralisch vertretbar ist." Er argumentierte, dass das Gericht nicht anhand der Meinungsfreiheit sortieren darf und dass es keine Abwägung der Protestformen aufgrund moralischer Bewertungen geben darf.
Nach der Verhandlung zeigte sich Hinrichs sichtlich schockiert und kämpfte mit den Tränen. Gegen das Urteil kann sie innerhalb einer Woche in Berufung gehen oder eine Revision am Oberlandesgericht einreichen.
Die Klima-Klebe-Aktion und das anschließende Urteil werfen zahlreiche Fragen auf. Erstens, die Debatte um die angemessenen Mittel des Protests. Während einige argumentieren, dass solche drastischen Maßnahmen notwendig sind, um auf die Dringlichkeit des Klimawandels aufmerksam zu machen, sind andere der Ansicht, dass sie unverhältnismäßige Störungen verursachen und daher nicht gerechtfertigt sind.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Stefan Müller (climate stuff, 1 Mio views) from Germany - Carla Hinrichs, Sprecherin des Aufstands der Letzten Generation, kündigt Brief an Regierung mit Forderungen an, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=115306025
Freitag, 12 Mai 2023